1997 berichtete Hanns Kreisel im Tintling von der ältesten Postkarte in seiner reichen Sammlung, die den Fliegenpilz als Glückspilz darstellt. Die Karte wurde 1899 in Leipzig gestempelt. Seither begleiten Millionen von Fliegenpilzen alle möglichen Glückwunsch-Gegenstände. Oft sind sie begleitet von Kleeblättern, Hufeisen, Blumen, Schornsteinfegern, Marienkäfern und zudem von niedlichen Kindern. Sie werden überreicht oder übersandt zu Weihnachten und Neujahr, zum Geburtstag und nicht zuletzt zum Umzug etc. Weshalb aber muss ausgerechnet der Fliegenpilz als Motiv herhalten? Dafür gibt Kreisel die Erklärung, dass der Fliegenpilz durch sein auffälliges Äußeres ein eindrucksvolles Farbmuster mit Signalwirkung abgäbe. Das gilt ebenso für den Marienkäfer, der gleichsam leuchtend rot mit Punkten ist.
↑ Der Fliegenpilz als Glückspilz auf einer Postkarte von 1899
Der Glänzende Lackporling als Glückspilz
In China, Japan, Korea und Vietnam ist der Glänzende Lackporling (Ganoderma lucidum) seit uralten Zeiten als Glückspilz bekannt und beliebt. Das war er auf alle Fälle bereits sehr viel länger als der Fliegenpilz.
Foto: Wilhelm Schulz →
Fliegenpilze sind nicht in allen Ländern als Glückspilze positiv besetzt.
Der Begriff „Glückspilz“ war im 18. Jh. keineswegs schmeichelhaft. Er hatte vielmehr die Bedeutung „Emporkömmling“ oder „Parvenu“. Er bezeichnete also jemanden, der „wie ein Pilz gleichsam aus dem Nichts aufschießt“.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. ist „Glückspilz“ dann gleichbedeutend mit „Glückskind“ geworden. „Glückspilz“ bezeichnete einen vom Glück begünstigten Menschen.
Glückspilze, insbesondere Fliegenpilze, sind längst nicht in allen Ländern Europas positiv besetzt. Die spanische Übersetzung für Glückspilz ist „diablo suerte“ – „Teufelsglück“. Weitere Definitionen sind „el ganguero“ (Glücksritter) und „el ventajero“. Letzteres bedeutet auch Gauner oder Streber, so Kreisel.
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