IAPT: Antrag auf Entfernung des Wortes niger

4 Apr, 2021
Schwarzer Korkstacheling (Phellodon niger)

Bild oben: Schwarzer Korkstacheling (Phellodon niger) Foto: Wilhelm Schulz

Neufassung des „Int. Code of Nomenclature for algae, fungi, and plants“ (IAPT).

Trotz der inzwischen erreichten Stabilität des Codes gibt es immer wieder neue Vorschläge zur Änderung und Verbesserung des ICN. Diese müssen dem „Ständigen Nomenklatur-Komitee“ schriftlich vorgeschlagen werden. Hält das Komitee die Änderung mehrheitlich für vernünftig, so muss dem noch der Internationale Botanische Kongress zustimmen.Im Anschluss an den Kongress werden die Regelwerke dann unter dem jeweiligen Namen des Kongressortes veröffentlicht. So wird beispielsweise das Regelwerk des Kongresses 2005 in Wien kurz Vienna Code genannt, vorherige Codes Tokyo Code, St. Louis Code etc. Derzeit ist der Melbourne-Code aktuell, der vom Shenzhen-Code abgelöst werden wird.

Zur Stunde des Tintling-Redaktionsschlusses lagen dem Komitee 104 Anträge vor, über die im Sommer abzustimmen sein wird. Einer dieser Anträge schlug hohe Wellen wegen nicht absehbarer Konsequenzen im Fall seiner Stattgabe. Nicht zuletzt wegen der politischen Brisanz hat sich das Komitee erstmals in seiner Geschichte entschlossen, via Online-Umfrage  die Meinung derer einzuholen, die nicht vor Ort sein können.

Political Correctness gefordert

Es geht darum, dass der deutsche Mykologe Ernst Enger den Antrag gestellt hat,  das lateinische Adjektiv „niger“ aus der mykologischen Nomenklatur zu verbannen. Betroffen wären davon – u.a. – der Schwarze Korkstacheling (Phellodon niger), der Schwarze Seitling (Panellus niger), die Schwarze Wurzeltrüffel (Rhizopogon niger) und der Schwarzschimmel (Aspergillus niger).
Letzterer wäre von etwaigen Änderungen ganz besonders berührt, weil er im großtechnischen Maßstab in der Lebensmittelproduktion eingesetzt wird.

Herrn Engers Antrag umfasst auch die Ableitungen des Begriffes niger: nigerrima = dunkelschwarz, subniger = hellschwarz, pseudoniger = täuschendschwarz. Betroffen wären demnach u.a. Diatrype nigerrima (sinngem. Extraschwarzes Eckenscheibchen), Tylopilus subniger (Hellschwarzer Gallenröhrling) und Agaricus pseudoniger (Täuschendschwarzer Champignon).

Auch in der botanischen Fraktion zeichnet sich Widerstand gegen diesen Antrag ab. 

So jedenfalls ist es in der aktuellen Taxonia zu lesen: „Nicht auszudenken, wenn das Schule machen würde“, äußerte sich die britische Pflanzenforscherin Dr. Shaggy Mane während der Herbsttagung im Botanischen Garten der UNI Kew schmallippig. Man konnte nach dem beigegebenen Foto vermuten, dass sie nur mühsam den Zusatz „diese Krauts“ unterdrückte. „In der Botanik wären mehrere Arten betroffen, die schon anno 1753 von Carl von Linné beschrieben worden seien: Die Christrose (Helleborus niger) und das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger).
Solche traditionsreichen, sogar konservierten Binomen (nom. cons.) kann man doch nicht eliminieren, das ist einfach unmöglich.“
„Man denke auch an die Symbolik der Christrose und an Caspar, Melchior und Balthasar…“ fügte die Russula-Spezialistin Rosy Brittlegill zu. Sie wurde allerdings vom Phytopathologen Prof. Jack o´Lantern unterbrochen: „Als wenn es nicht schon genug Ungemach sei, dass die Pilz- und Pflanzennamen durch die neuen phylogenetischen Erkenntnisse nur noch eine Halbwertszeit von Tagen zu haben scheinen. 
Wir hier aus Kew werden jedenfalls geschlossen gegen diesen Antrag stimmen.“

Die Abstimmung läuft noch bis zum 1.5.21

 

 

Schwarzer Steinpilz (Boletus arreus) Schwarzer Steinpilz (Boletus aereus) auf einer Briefmarke aus Litauen.